DRK will Suchdienst einrichten: So sollen Geflüchtete ihre Angehörigen wieder finden können

Im Krieg werden Familien auseinandergerissen. Auch der Suchdienst des DRK soll bald helfen, Menschen wieder zusammenzubringen. Wie die Arbeit funktioniert, weiß in Bad Säckingen wohl niemand besser als Cristina Jänich.

Wenn jemand weiß, wie Angehörige in Kriegsgebieten gefunden werden können, dann Cristina Jänich. Sie war für den DRK Kreisverband Säckingen über 50 Jahre von 1967 bis 2012 im Suchdienst tätig und hat sich stark dafür eingesetzt, Familien wieder zusammenzuführen.

Ein solcher Suchdienst soll nun aus Anlass des Krieges in der Ukraine wieder am Hochrhein aufgebaut werden. Einen Sozialarbeiter, der diese Tätigkeit übernimmt, sucht das DRK aber noch. Jänich, die schon längst im Ruhestand ist, kann diese Aufgabe nicht mehr übernehmen. Mit uns hat sie über ihre Erfahrungen gesprochen und erläutert, wie die Familienzusammenführung funktioniert.

Schicksale recherchiert und Nachrichten weitergeleitet

In den ersten Jahren ihrer Tätigkeit sei besonders viel zu tun gewesen, erinnert sich Jänich. Denn damals sei es darum gegangen, herauszufinden, was mit den Wehrmacht-Soldaten geschehen sei. So mussten deren Schicksale recherchiert werden.

Die Hauptarbeit sei aber die Zusammenführung von Familien gewesen – anfangs kamen die meisten Menschen aus der Sowjetunion. Auch Deutschstämmige, die dort lebten, habe Jänich hierher geholt, was viele Bittstellungen beim sowjetischen Staat gekostet habe. „Sie konnten nur unter erschwerten Bedingungen ausreisen“, erinnert sie sich.

Sie erinnert sich auch an viele schwere Schicksale, die sie begleitet habe. So sei jemand zu ihr gekommen, der seinen Bruder gesucht habe, doch dieser hatte sich versteckt, weil er nicht eingezogen werden wollte, nicht für das Regime Soldat sein wollte, erzählt Jänich.

Auch habe sie immer wieder Nachrichten für Verwandte in Kriegsgebieten oder auch in Gefangenen- oder Flüchtlingslagern angenommen und weitergeleitet. Ebenfalls mit Hilfe des DRK-Suchdienstes hätten Angehörige in Georgien schneller einen Aufnahmeantrag stellen und nach Deutschland ausreisen können.

Großer Einsatz hat sich gelohnt

An einen Fall erinnert sich Jänich nach all den Jahren noch besonders gut. Eine Frau aus Äthiopien sei zu ihr gekommen, um sich nach ihrer Familie im Heimatland zu erkunden.

Dort war damals noch Krieg. Sie wollte ihre Nichten und Neffen zu sich holen, da deren Mutter verstorben war und der Vater sich wegen schwerer Krankheit nicht um sie kümmern konnte, erzählt Jänich.

Doch sie berichtet auch von all den Schwierigkeiten, die der Fall mit sich brachte. Nicht immer gelingt eine Familienzusammenführung. Auch in diesem Fall nicht. Aber: Immerhin konnte der Vater mit den Kindern nach Ägypten ausreisen, wo es wesentlich weniger gefährlich war.

Der starke Einsatz Jänichs habe sich gelohnt: „Der Fall ging gut aus“, erinnert sie sich. Und wenn sie so zurückdenkt, weiß sie, sie hat viele Fälle erfolgreich beendet und somit vielen Familien geholfen, wieder zusammenzufinden. Eine sehr wichtige Aufgabe. Wenn man mit ihr spricht, merkt man, wie das alles sie heute noch berührt.

Wie funktioniert ein Suchdienst?

Geflüchtete können sich an den Suchdienst des DRK wenden, wenn sie Angehörige suchen, ganz egal, ob sich diese in Deutschland oder im Ausland aufhalten. Sie werden dann beim Suchantrag unterstützt, dieser werde dann weitergeleitet an die DRK-Suchdienste in München oder Hamburg, wie Jänich erläutert.

Dort arbeitet man auch mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zusammen, um etwa Angehörige im Ausland zu finden. Auch Familienmitglieder, die sich etwa in Kriegsgefangenen- oder Flüchtlingslagern befinden, können dadurch gefunden werden.

Denn Gefangene oder Geflüchtete werden meist auch vom IKRK medizinisch betreut. Die Antwort, ob eine gesuchte Person gefunden wurde und, wo sich diese befindet, wird dann direkt an den Suchenden weitergeleitet. Ist dies erfolgt, ist die Aufgabe des DRK meist erfüllt.

„Das Erste was geschaut wird, ist, ob auch die gesuchte Person einen Suchantrag gestellt hat, denn in der Regel kann man davon ausgehen, dass beide Seiten den jeweils anderen suchen“, erklärt Peter Hofmeister, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes Säckingen.

Hingegen gebe es auch Fälle, bei denen der Gesuchte gar keinen Kontakt zum Suchenden möchte – auch solche Fälle habe Jänich schon erlebt. Künftig ginge es wohl vor allem darum, dass die Geflüchteten aus der Ukraine ihre Angehörigen wiederfinden, die sie etwa während der Flucht oder schon im Krieg in der Heimat verloren haben. Jänich betont aber: „Die geflüchteten Angehörigen in Deutschland können nur gefunden werden, wenn sie angemeldet oder registriert sind.“

Was ist geplant?

Spätestens im Juni möchte das DRK erneut einen solchen Suchdienst anbieten. Diese neue Stelle soll in Bad Säckingen angesiedelt sein, jedoch zentral für die Kreisverbände Waldshut, Säckingen, Lörrach und Müllheim zuständig sein, erklärt Peter Hofmeister. Dieser Suchdienst werde zum Großteil aus Bundesmitteln finanziert, der örtliche Kreisverband übernehme dann einen kleinen Teil der Personalkosten und die Infrastruktur.

Hofmeister betont, dass der Suchdienst eine satzungsgemäße Aufgabe des DRK sei. Man habe quasi einen Vertrag mit der Bundesregierung, solche Aufgaben als amtliches Auskunftsbüro wahrzunehmen. Somit dürfe das DRK auch die Daten weitergeben.

Die Stelle eines Sozialarbeiters, der diesen Suchdienst durchführt, soll so schnell wie möglich besetzt werden. „Weil wir ja wissen, dass der Bedarf kommt“, so Hofmeister. Die Aufgabe selbst sei eine Herausforderung, aber auch, überhaupt diese Stelle zu besetzten. Denn es gebe generell nur wenige Sozialarbeiter.

Mit dem Suchdienst soll begonnen werden, sobald die Stelle des Sozialarbeiters besetzt sei. Bei der Suche nach Übersetzern habe das DRK jedoch wesentlich mehr Erfolg. Hier haben sich laut Hofmeister schon viele gemeldet, die dann auch den Sozialarbeiter des Suchdienstes unterstützen können. „Am besten wir beginnen mit dem Suchdienst so schnell wie möglich“, sagt Hofmeister.

(c) Verena Wehrle, Südkurier